Künstlerischer Streifzug durch die Stadtgeschichte

Neue Osnabrücker Zeitung vom 21.1.2011

Nicht nur Berlin zeichnet, wie die gleichnamige Ausstellung zeigt, die zurzeit in der Kunsthalle Dominikanerkirche zu sehen ist. Nein, auch vor Ort leben und lebten Künstler, die mit feinem Strich Natur, Mensch und Vorgänge in ihrer Umgebung dokumentierten, illustrierten oder interpretierten. Da es darüber hinaus auch zeichnerische Anknüpfungspunkte zwischen Berlin und Osnabrück gibt, lag es nahe, der Ausstellung "Berlin zeichnet" ein Pendant mit dem Titel "Osnabrück zeichnet" anzugliedern. In der Kunsthalle sind eher die Künstler vertreten, die hier bis kurz nach dem Zweiten Weltkrieg künstlerisch tätig waren. Die moderneren Positionen sind derweil in der Stadtgalerie zu sehen. So gerät die Schau zu einer Art kulturhistorischer Retrospektive mit Werken aus 110 Jahren Zeichenkunst aus der Region. Der Bogen wird von den akademischen Porträts und Akten eines Franz Hecker bis zu den "mobile-paintings" einer Manila Bartnik gespannt, die ihre Kunstwerke auf einem Smartphone kreiert.

 

"Wir haben bei der Vorbereitung der Ausstellung eine subjektive Auswahl in Bezug auf die Künstler und Werke getroffen", erklärt Kunsthallenleiter André Lindhorst, der im Vorfeld offenbar einige Entdeckungen machte. "Wir sind geradezu kriminalistisch auf Dachböden von Osnabrücker Bürgerhäusern unterwegs gewesen, um beispielsweise Porträtzeichnungen von Walter Hohbein zu entdecken." Stolz zeigt er darüber hinaus Leihgaben aus dem Besitz der Bramscher Familie Rasch. An der Wand hängt ein beidseitig genutztes Blatt von Maria Rasch, die sich in den 1920er-Jahren dem "analytischen Naturzeichnen" widmete. Die Studienzeichnungen erforschen geometrische Zusammenhänge in der Tradition des Weimarer Bauhauses. Daher findet sich auch eine Abbildung der Arbeit in dem Buch "Staatliches Bauhaus in Weimar", das ebenfalls in der Ausstellung zu sehen ist.

 

Nicht gegenständliche Notationen bekommt man von Rudolf Englert und Frank Gillich zu sehen, derweil Franz Josef Langer und Martin Pfannschmidt die Bombenangriffe auf Osnabrück sowie die Stadt in Trümmern und die Wiederaufbauarbeiten dokumentierten. "Ich wäre froh, wenn wir solche stadtgeschichtlich relevanten Arbeiten für die Stadt ankaufen könnten", erklärt Lindhorst, dem allerdings die finanziellen Mittel fehlen. Daher hofft er auf die Bereitschaft eines Sponsors, der ihn bei seinem Vorhaben unterstützt.

 

Eröffnet wird die Ausstellung in der Kunsthalle von einem Werk Sigrun Jakubaschkes. Ihre Aktionsmalerei mit flüchtigen Linien und parasitenähnlichen Wesen ist schnell und vergänglich, denn sie arbeitet stets in Räumen, die anschließend renoviert oder abgerissen werden.

 

In der Stadtgalerie sind aktuelle Arbeiten von Manila Bartnik, Werner Kavermann, Sebastian Osterhaus, Klaus Reincke, Patrick Voigt, Friedel Kantaut und Shakti Singh zu sehen.

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