Die emotionslose Seite des Krieges

Arte-Regionale-Kooperationspartner GALERIE schwarz | weiss zeigt Henning Bischofs Bilderserie "RAW"

Von Anne Reinert im Feuilleton der Neue Osnabrücker Zeitung vom 26.8.2010

 

Osnabrück. Bei Henning Bischofs letzter Ausstellung in der GALERIE schwarz | weiss gab es seine Bilder noch in Farbe. Seine knallbunten "Stadtlandschaften" setzten sich mit urbaner Subkultur auseinander und enthielten auch das ein oder andere Graffitisymbol. Jetzt, bei seinen Beiträgen zur Arte regionale, ist alles anders. Da ist alle Farbe aus den Bildern gewichen.

 

Hier eine rote Linie, dort ein helles Blau – für seine Bilderserie "RAW", die derzeitals externe Ausstellung in der Galerie an der Redlingerstraße zu sehen ist, hat Henning Bischof fast nur Schwarz, Weiß und Braun verwendet. Die farbliche Reduktion passt zum Thema: dem Krieg und wie Menschen ihn wahrnehmen, die ihn nur über die Medien kennen. Nämlich in sehr entfremdeter Form.

 

Für den durchschnittlichen und nach 1945 geborenen Europäer ist Krieg nichts anderes als eine gefühllose Bilderflut in den Medien. "Die Elemente des Krieges umgeben uns tagtäglich", sagt der 1982 geborene Künstler. Doch sie berühren uns nicht wirklich. Diese Emotionslosigkeit stehe "konträr zum Kriegsgeschehen", so Bischof.

 

Seine Bilder sind eine Entsprechung der entfremdeten Wahrnehmung: Bei oberflächlichem Hinsehen scheinen sie rein abstrakte Kompositionen zu sein. Wer genauer hinschaut, erkennt Elemente von Kriegsinstrumenten wie etwa Flugzeugflügel. Auf anderen Bildern von "RAW"– das nicht nur die englische Entsprechung für "roh" ist, sondern auch ein umgekehrtes "War" (Krieg) – ist die Bildsprache direkter. Dort sind die Schemen von Bomben klar zu sehen. Doch auch dort bleibt das Leid, das sie verursachen, weit weg. "RAW" zeigt die technische, entkörperlichte und emotionslose Seite des Krieges.

 

"Das ist eine sehr, sehr persönliche Sicht auf das Thema", sagt Henning Bischof, die Perspektive eines Menschen, der den Krieg nicht aus eigener Erfahrung kennt. Dennoch sprechen seine Bilder für die Erfahrung einer ganzen Generation.

 

Doch persönlich ist an "RAW" auch noch etwas anderes: Als Kind begeisterte sich Henning Bischof für technisches und insbesondere Kriegsspielzeug. Die Kenntnis der technischen Seite des Krieges rührt also auch daher. Seine Vergangenheit hat Henning Bischof bei der Beschäftigung mit dem Thema auch wieder eingeholt. In zwei Skulpturen hat er sein altes Kriegsspielzeug verarbeitet. Eines davon etwa hat er zweimal gesprengt, bevor er es zu einer Skulptur verarbeitet hat. So bleibe die Energie der Sprengung in der Arbeit, sagt Bischof. Das könnte manals erneutes Kriegsspiel bezeichnen. Doch in diesem Fall ist es eines, das einenoriginellen Denkanstoß für den Umgang mit weitentfernten Kriegsrealitäten gibt.

 

GALERIE schwarz | weiss, Redlingerstraße 4: RAW. Bilderserie von Henning Bischof. Bis 12. 9., Mo–Fr 10–18 Uhr, Sa 10–14 Uhr

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